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Angst vor weniger Sorgfalt

Keine Volksabstimmung mehr zu Budget und Steuerfuss, das sieht die neue Arboner Gemeindeordnung vor. Das Nein-Komitee, bestehend aus der SVP und einem Vertreter der FDP, fürchtet darin einen Demokratie-Abbau und bekämpft die Vorlage.

Kim Berenice Geser

«Sie ist undemokratisch und hat noch konstruktive Mängel.» So begründet Ueli Nägeli (SVP) einleitend die ablehnende Haltung des Nein-Komitees zur neuen Arboner Gemeindeordnung (GO). Der Präsident desselbigen hat zusammen mit zwei seiner Mitstreiter, Konrad Brühwiler (ebenfalls SVP) und Riquet Heller, (FDP) Anfang dieser Woche zu einer Medienkonferenz geladen und läutet damit offiziell den Abstimmungskampf ein. Die neue GO kommt am 18. Mai an die Urne und beinhaltet unter anderem eine Verschiebung der Budget- und Steuerfuss-Kompetenz vom Souverän auf das Stadtparlament. «Stadtrat und Parlament können dann weitgehend allein entscheiden. Die Bürgermeinung in dieser wichtigsten Angelegenheit des Jahres wird nicht eingeholt», beanstandet Nägeli. Er befürchtet einen Nachlass an Disziplin und Sorgfalt beim Budgetierungsprozess, muss das Parlament der Stimmbevölkerung nicht länger Rechenschaft ablegen (siehe auch «Verfassung auf dem Prüfstand» und «Effizienz versus Entmachtung». Koni Brühwiler ergänzt: «Ich verfolge den Budgetprozess der Stadt Arbon schon so lange wie das Stadtparlament alt ist.» Dieser sei stets ein Ringen und Suchen nach Lösungen gewesen. «Keine Seite blieb der anderen etwas schuldig.» Doch die Gewissheit, dass das Budget und der Steuerfuss vor dem Volk Bestand haben müsse, habe meist zu Sonderanstrengungen für tragfähige Kompromisse geführt. 

Zeitgewinn oder Zeitverlust?

Das Argument, dass das Mitspracherecht des Souveräns über den Umweg des Behördenreferendums oder des fakultativen Referendums weiter gewährleistet wäre, hat beim Nein-Komitee keinen Stich. «Ein Behördenreferendum verlangt stets eine wachsame und zu alle dem noch recht grosse Parlamentsminderheit», führt Nägeli aus. Faktisch wären mit der neuen GO 9 von 30 Parlamentsmitglieder nötig. Und ob ein Bürgerkomitee sich jeweils die Mühe mache, das Referendum zu ergreifen, um eine Abstimmung zu erzwingen, sei fraglich.

Konrad Brühwiler, Ueli Nägeli und Riquet Heller legen als Vertreter des Nein-Komitees ihre Gründe zur Ablehnung der neuen GO dar.
Konrad Brühwiler, Ueli Nägeli und Riquet Heller legen als Vertreter des Nein-Komitees ihre Gründe zur Ablehnung der neuen GO dar.
© Kim Berenice Gesser

In diesem Zusammenhang stört sich das Nein-Komitee jedoch noch an einem anderen Punkt: der verlängerten Referendumsfrist von neu 90 statt 30 Tagen. Damit riskiere man, dass im Falle der Ergreifung des Referendums, die Stadt bis weit ins Jahr hinein ohne gültiges Budget haushalten müsste. «Überdies ginge so der zeitliche Gewinn für den Budgetierungsprozess verloren», konstatiert Riquet Heller. Und dieser sei ja gerade ausschlaggebend gewesen für die besagte Änderung innerhalb der GO. Denn unter den heutigen Voraussetzungen, die eine Volksabstimmung zum Budget bis Ende Jahr erfordern, findet der Prozess unter grossem Zeitdruck aller Beteiligten statt. 

Fragwürdige Nachkreditspraxis

Hellers Engagement gegen die Annahme der neuen GO fusst allerdings vor allem auf einem dritten Aspekt: der neuen Regelung für Nachtragskredite. Diese kämen neu nämlich bei einer Überschreitung von 10 Prozent des ursprünglich bewilligten Kredits obligatorisch zur Abstimmung. Konkret würde dies bedeuten, dass bei einer Investition von 1,2 Mio. Franken bereits ein Nachtragskredit von 120 000 Franken vors Volk käme, bei einer Investition von 12,2 Mio. allerdings erst ein solcher von 1,2 Mio. Franken. «Lächerlich und gefährlich», nennt Heller diese Änderung, diesen Konstruktionsfehler gälte es dringend zu beheben. Das Nein-Komitee bestreitet indes nicht, dass es eine neue GO braucht, allerdings verdiene Arbon eine bessere Version, als diejenige, die vorliege. Mit einem Nein an der Urne wollen sie eine erneute Überarbeitung der Arboner Verfassung erzwingen. Welche Argumente die Befürworter dem entgegenhalten, wird sich demnächst, spätestens aber am Podium der Interpartei vom 26. April im ZIK zeigen.

Stadtpolitik am Frühlingsmarkt

Das Komitee «NEIN zum Demokratieabbau!» ist am Samstag, 29. März, am Frühlingsmarkt am Adolph-Saurer-Quai und informiert aus ihrer Sicht über die Abstimmungsvorlage.  Besuchende können ausserdem an einem Wettbewerb zur Abstimmung teilnehmen.

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